Freitag, 18. Dezember 2009

10 Foto-Mythen und was wirklich stimmt

10 Foto-Mythen und was wirklich stimmt:


-von Poli Moutevelidis.

(Poli Moutevelidis ist Fotograf aus Leidenschaft. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin betreibt er ein Fotostudio in Dortmund. Besuchen Sie ihn auf seiner Internetseite unter http://www.moutevelidis.com !)


1. "Meine 12 Megapixel-Kompaktkamera ist viel besser, als Deine 9 Megapixel-Spiegelreflexkamera!"

falsch

Die Anzahl der Megapixel eines Bildsensors sagt nichts über die Qualität der Kamera oder der Bilder aus. Sie bedeutet jediglich, dass der Sensor der Kamera diese Anzahl an Sensor-Pixeln besitzt. Der einzige Vorteil: Die Auflösung des Fotos. Je höher die Megapixelanzahl ist, desto größer kann das später produzierte Foto werden, ohne pixelig zu werden.

Eine große Anzahl an Sensor-Pixeln kann aber viele negative Aspekte haben - undzwar gerade bei Kompaktkameras. Denn die Größe des Sensors in Relation zur Anzahl der Bildpunkte ist viel wichtiger. Ein kleiner Sensor mit vielen Megapixeln produziert bei einer hohen ISO-Zahl (z.B. benötigt bei Aufnahmen in Innenräumen oder bei geringem Umgebungslicht) oft ein stärkeres digitales Rauschen, als ein ähnlich dimensionierter Bildsensor mit weniger Megapixeln. Der Grund hierfür ist die Lichtausbeute. Ein Sensor mit kleinen Sensorfeldern, also vielen Megapixeln, erhält für jeden Sensorpunkt weniger Licht, als ein Sensor mit vergleichsweise weniger Sensorfeldern.

Ebenso verhält es sich beim Vergleich zwischen Kompaktkameras und Spiegelreflexkameras. In den Kompakten sind meist winzige Sensoren verbaut mit sehr vielen Megapixeln - für jedes Sensorfeld bleibt also nicht viel Licht übrig. Bei den Spiegelreflexkameras sind hingegen relativ große Sensoren verbaut, weshalb bei gleicher Megapixelanzahl für jedes Sensorfeld mehr Licht zur Verfügung steht, da diese größer dimensioniert sind.

Außerdem wichtig: Die Interpolationshard- und Software. Eine gute Lichtinterpolation ist das A und O. In Mittelklasse Spiegelreflexkameras sind bereits sehr gute Chipsätze verbaut, was bei hohen ISO-Werten trotzdem sehr rauscharme Fotos bedeutet. In den Einsteiger-Kompatkameras hingegen werkeln oftmals sehr günstige Chipsätze, die bereits bei geringen ISO-Werten ein stark sichtbares Rauschen produzieren.

FAZIT: Viel wichtiger, als eine Kamera mit vielen Megapixeln, sind daher vernünftige, lichtstarke Optiken, große Sensoren und vernünftige Chipsätze.




2. "Der Fotoapparat sollte viele Automatik-Funktionen haben"

stimmt nur bedingt

Wer einen Fotoapparat sucht, um hiermit Schnappschüsse im Urlaub, von Bekannten, Freunden und Feiern zu machen, für den mag diese Aussage stimmen. Anders verhält es sich da jedoch mit den Fotografen, die in ihrem Tun mehr als ein Gelegenheitshobby sehen. Wer also bewusst mit den gestalterischen Möglichkeiten seines Fotoapparates arbeiten will, der sollte bewusst auf die Automatik-Funktionen verzichten. Wichtig ist natürlich: Man muss wissen, was man da tut.

Denn mit den manuellen Einstellungsmöglichkeiten eines Fotoapparates beginnt die künstlerische Freiheit und die Unabhängigkeit von der Diktatur der Technik. Man kann bewusst und zielgenau mit der Schärfentiefe und Unschärfentiefe spielen, Zeitabläufe beispielsweise durch Bewegungsunschärfe verdeutlichen und selber bestimmen, wie Farben, Kontraste und Lichter wirken sollen. Das eigentliche Fotografieren beginnt also erst dann, wenn man sich von den Kameraautomatiken verabschiedet hat und weiss, wie man die manuellen Einstellungen zum Erreichen eines gewünschten Effektes oder einer geplanten Aussage einsetzen kann.

FAZIT: Stimmt für den Hobbyknipser, der sich mit der Physik und Technik dahinter nicht beschäftigen will, stimmt aber nicht für den ambitionierten Fotografen, der sich seiner Fähigkeiten bewusst werden will.




3. "Es gibt Menschen, die sind einfach nicht fotogen"

falsch

Diese Aussage hört man leider immer wieder von den verschiedensten Menschen. Oft kurz vor, während, oder nach einem Shooting. Fakt aber ist: Jeder Mensch ist fotogen. Die Kunst besteht "nur" darin, jedem Menschen fotografisch gerecht zu werden - einen einzigartigen Charakter zu erkennen und diesen mit allen Mitteln der Fotografie herauszuarbeiten. Viel wichtiger also ist die Frage: "Hat der Mensch HINTER der Kamera das Fotogen?".

FAZIT: Immer wieder gerne verwendete Ausrede ohne Hand und Fuß.




4. "Früher konnte man Fotos nicht bearbeiten, wie heute am Computer"

falsch

Was heute die digitale Retuschierwerkzeugpalette ist, waren damals die Dunkelkammertricks. Alles (sic!) was man heute am Computer machen kann, ging auch früher. Der einzige Vorteil heute: man muss sich nicht mehr mit Chemikalien herumärgern, was zum einen den Geldbeutel schont, ein deutlicher Zeitvorteil ist und last but not least die Umwelt immens entlastet. Was damals Abwedel- und Nachbelichterschablonen erledigt haben, machen heute die "Dodge" und "Burn"-Werkzeuge in Photoshop. Weichzeichnen, Nachschärfen, ja sogar Effektlinsen - das alles gab es auch schon damals. Auch die heute immer wieder präsentierten Fotomontagen waren damals schon ohne Bildbearbeitungsprogramm möglich - sie dauerten nur sehr viel länger...

FAZIT: Viele Nostalgiker schwärmen davon, dass früher die Fotos noch die Realität abgebildet haben und irren sich damit gewaltig.




5. "Es heißt Schärfentiefe, nicht Tiefenschärfe!"

richtig

Dies wird einem oft von Möchtegernschlauen Fotografiekollegen um die Ohren gehauen, wenn man gerade in einem Gespräch über die tolle Schärfe auf einem Foto siniert und aus Versehen "Tiefenschärfe" sagt. Zugegeben: Im Handbuch der Fotokamera stand eindeutig "Tiefenschärfe", aber trotzdem: Es ist grammatikalisch falsch, ob Sie es glauben wollen, oder nicht - die Tiefe des Wassers heißt ja auch nicht "Tiefenwasser", sondern "Wassertiefe". Darum heißt die Tiefe der Schärfe auf einem Foto auch "Schärfentiefe". Hiermit ist übrigens gemeint, wie Tief die Schärfe auf dem Foto geht. Stellen Sie sich vor, eine lange Schlange von Menschen stellt sich leicht schräg vor Ihre Fotokamera. Sie drücken ab und stellen später fest, dass nur die ersten 2 Personen scharf sind - das nennt man dann entweder "Pech" (sofern nicht so gewollt), oder "geringe Schärfentiefe". Sind hingegen alle Menschen von vorne bis hinten knackig scharf, lag dies entweder daran, dass sie sich alle vorher chic gemacht haben, oder eben an einer "enormen Schärfentiefe". Wie man diese erreicht, verrät übrigens der nächste Mythos unter Punkt 6!

FAZIT: Von Schlaumeiern immer wieder gern genutztes Diskreditierungswerkzeug während Fachunterhaltungen. Leider haben die ewigen Verbesserungswütigen hiermit ausnahmsweise mal Recht.




6. "Man hat keinen Einfluss darauf, wie die Schärfe auf einem Foto verläuft"

falsch

Manchmal macht man als Fotograf wirklich die abstrusesten Begegnungen mit anderen Fotografen. Da meinte doch letztens tatsächlich ein Kollege, dass man keinen Einfluss auf die Schärfenwirkung und den Verlauf der Schärfe auf dem Foto hätte. Glauben Sie mir: Das ist das erste, was man lernt und das häufigste, auf welches man später als Fotograf zurückgreifen wird - das Wunder der Schärfentiefe und Unschärfentiefe, denn das Wissen um diese "Macht" gehört zum elementarsten und wichtigsten Grundwissen überhaupt.

Ein Grund mehr also, sich das Folgende gut durchzulesen, sofern Sie es noch nicht kennen sollten, aber gerne in Zukunft einsetzen möchten:

Früher als Kind fand ich bereits Fotos toll. Undzwar insbesondere die, bei denen die Person auf dem Foto so richtig schön scharf abgebildet war und der Hintergrund leicht unscharf, so dass die Person sich vom Hintergrund toll abhob. Die Fotos, bei denen irgendwie alles scharf war, fand ich hingegen langweilig, denn alles war einfach nur scharf und "schrie" einen förmlich an, bzw. stach ins Auge. Der Betrachter hatte gar keinen Ruhepunkt und wurde nicht auf etwas bestimmtes gelenkt.

In dieser kleinen Anekdote haben Sie auch schon die wichtigsten Gründe für das Verwenden von Schärfe und Unschärfe in einem Foto. Fassen wir zusammen:

1. Der Betrachter kann Ruhepunkte finden, um sein Auge zu "entlasten".
2. Der Blick des Betrachters kann auf den "Point of Interest" geführt werden.
3. Das Interessante Objekt kann vom Hintergrund abgehoben bzw. freigestellt werden.
4. Die Verwendung dieses Effekts entspricht dem natürlichen Seheindruck.

Vier gute Gründe also, sich diesem Thema anzunehmen.

Wie geht das also mit der Schärfe?

Nun, eigentlich ist die Sache ganz einfach: Licht reflektiert von einem Objekt und wird durch eine Öffnung in einem Kasten gebündelt, um auf eine dahinterstehende, abgedunkelte Leinwand zu treffen - so funktionierten die ersten Kameras, sogenannte "Laterna Magica". Die Größe der Öffnung war hierbei ganz wichtig: Einerseits wurde das auf der Leinwand abgebildete Bild immer heller, je größer die Öffnung gewählt wurde, andererseits wurde es aber auch immer matschiger und somit unschärfer. Es fiel hierbei auf, dass der Kasten mit Öffnung und Leinwand immer häufiger umgestellt und neu justiert werden musste, je dunkler das Umgebungslicht wurde und je größer deshalb die Öffnung gewählt wurde. Wenn die richtige Stelle gefunden ward, war auch das Bild wieder scharf, allerdings waren die Fototermine mit viel Licht und kleiner Öffnung nicht so aufwändig, da es kaum einen Einfluss auf das Bild hatte, in welcher Entfernung die Laterna Magica zum Objekt genau stand. Man lernte also hieraus: je größer die Öffnung gewählt wird, desto wichtiger ist es, dass die Laterna Magica im richtigen Abstand zum Objekt steht. Eines Tages wollte ein wohlhabender Mann ein Foto von sich vor seinem riesigen Anwesen haben und befahl einen Laterna Magica-Fotografen damit, dieses Foto anzufertigen. Da es an diesem Tag relativ stark bewölkt war, musste der gute Laterna Magica-Fotograf eine größere Öffnung wählen. Als der Mann sich vor sein Anwesen stellte, und der Fotograf in der Laterna Magica verschwand, stellte er fest, dass der Mann zwar scharf war, sein Anwesen aber völlig matschig aussah. Er befahl deshalb, die Laterna Magica neu auszurichten. Es geschah, was kommen musste: Nun war das Anwesen scharf, der Mann davor aber völlig unscharf. Um den Termin doch noch halbwegs beenden zu können, stellte er die Laterna Magica so auf, dass sowohl Mann, als auch Anwesen halbwegs scharf waren und konnte so mit Ach und Krach das Foto erstellen.

Zugegeben - diese Geschichte ist von vorne bis hinten erstunken und erlogen, aber die technischen Details stimmen und lassen sich ohne Weiteres auf die moderne Technik übertragen:

Die Öffnung an der Laterna Magica heißt heute "Blendenöffnung". Die Blende ist das, was die Öffnung hervorruft. An jedem Objektiv finden sich die "Blendenreihen". Meist wie folgt: f/2.8 4 5.6 8, u.s.w. Je kleiner diese Zahl ist, desto größer ist die Blendenöffnung. Übertragen auf unsere Laterna Magica-Geschichte bedeutet dies: Je kleiner die Blendenzahl, desto mehr muss man nachjustieren und desto weniger Schärfentiefe gibt es. Wenn man also eine große Blendenzahl wählt, z.B. "22", so ist die Blendenöffnung winzig, das Bild dafür mit einer großen Schärfentiefe gesegnet, aber es muss dafür draußen heller sein.

Was bedeutet das für die Praxis?

Heutzutage wurde der Fotozeichner, der in der Laterna Magica saß und das auf der Leinwand spiegelverkehrt abgebildete Abbild der Realität abzeichnete, durch den Fotofilm und den digitalen Fotosensor ersetzt. Diese haben jedoch ein paar Eigenschaften, die sie von einem Menschen unterscheiden: die Zeit und die Menge des abbildenden Lichtes sind wichtig.

Jeder kennt ein überbelichtetes Foto und jeder kennt ein unterbelichtetes Foto. Diese entstehen, wenn auf den Fotofilm oder auf den Fotosensor entweder zu viel Licht und/oder zu lange Zeit Licht eingewirkt haben. Die Menge des Lichts lässt sich -wie wir nun wissen- über die Blendenöffnung steuern - eine kleine Blendenzahl bedeutet hierbei eine große Blendenöffnung, also viel Licht, eine große Blendenzahl bedeutet eine kleine Blendenöffnung, also wenig Licht. Die Zeit lässt sich meist über ein Zeitenrad einstellen. Hier geht es oft bei 4 Sekunden los und endet irgendwo bei 1/1000stel Sekunden oder noch mehr. Manche analogen Kameras haben außerdem eine "B"-Einstellung. "B" steht für "Bulk" und bedeutet nichts anderes, als das man mit dem Finger selber bestimmen kann, wie lange Licht auf den Fotofilm trifft. Bei digitalen Kameras wurde diese Funktion absichtlich weggelassen, denn der Sensor einer digitalen Kamera erwärmt sich während der Belichtung sehr stark und würde bei einer längeren Zeit regelrecht verschmoren.

Die Sache mit der Lichtmenge und der Belichtungszeit lassen sich auch wunderbar mit einem Wassermodell erklären. Stellen Sie sich ein verschlossenes Waschbecken vor. Dieses ist Ihr Fotofilm, oder Ihr Fotosensor. Der Wasserhahn darüber dosiert das Licht, das Licht ist das Wasser. Sie können folgendes steuern: Wassermenge und die Zeit des Wassereinlaufs. Die Wassermenge steuern Sie über den Querschnitt des Rohres, welchen Sie ja mit dem Ventil des Wasserhahnes beeinflussen können. Dies ist Ihre Blende, der Querschnitt Ihre Blendenöffnung. Wenn das Waschbecken vollgelaufen ist, ist Ihr Foto korrekt belichtet. Läuft es über, haben Sie in Ihrer vorher festgelegten Zeit zu viel Wasser laufen lassen, oder die Dauer war zu hoch gewählt.

Das bedeutet für uns: Wenn Sie mit Ihrer Blende die Tiefe der Schärfe auf Ihrem Foto steuern möchten, müssen Sie die Zeit daran anpassen!

Hierzu folgende mögliche Praxisbeispiele:

Abenddämmerung, Kind steht weit vor Burgruine, Sie stehen vor dem Kind und wollen das Kind scharf abbilden, die Burgruine soll unscharf abgebildet werden: kleine Blendenzahl, große Blendenöffnung, mittlere Belichtungszeit
knallende Mittagssonne, Kind steht weit vor Burgruine, Sie stehen vor dem Kind und wollen das Kind scharf abbilden, die Burgruine soll unscharf abgebildet werden: kleine Blendenzahl, große Blendenöffnung, sehr kurze Belichtungszeit

Abenddämmerung, Kind vor Burgruine, Sie wollen das Kind UND die Burgruine scharf abbilden: große Blendenzahl, sehr lange Belichtungszeit
knallende Mittagssonne, Kind vor Burgruine, Sie wollen das Kind UND die Burgruine scharf abbilden: große Blendenzahl, mittlere Belichtungszeit

Manchmal steht man vor dem Problem, dass es relativ wenig Umgebungslicht gibt, man aber trotzdem alles von vorne bis hinten scharf haben will und somit eine kleine Blendenöffnung braucht. Die nun geforderte extrem lange Belichtungszeit steht einem aber nicht zur Verfügung, oder das Objekt bewegt sich so schnell, dass wir es dann verschwommen (mit Bewegungsunschärfe) aufnehmen würden. Was tun wir?

Die Lösung: Wir stellen in einer digitalen Kamera einen höheren ISO-Wert ein, oder legen in einer analogen Kamera einen Fotofilm mit einer höheren ISO-Zahl ein. Denn der ISO-Wert gibt an, wie empfindlich der Fotofilm auf Licht reagiert. Der Nachteil hierbei: je höher der ISO-Wert, desto körniger ist der Analogfilm, bzw. desto mehr Rauschen produziert der digitale Sensor, der das Licht interpoliert (also per mathematischer Berechnung simuliert).

FAZIT: Viel Text, aber wichtige Grundlage für künstlerisch wertvolle Fotos!




7. "ISO digital und ISO analog sind das Gleiche"

falsch

Der ISO-Wert gibt an, wie empfindlich ein Film auf Licht reagiert. Ein Fotofilm mit einem hohen ISO-Wert ist also sehr empfindlich, während ein Fotofilm mit geringem ISO-Wert in Relation dazu unempfindlicher ist. Das bedeutet also in der Praxis: Mit einem ISO-100-Analogfilm kann ich bei guten Lichtverhältnissen Fotos machen, sobald ich aber in ein Theater gehe und dort die Darsteller scharf abbilden möchte, brauche ich einen höheren ISO-Wert. Das gleiche gilt auch bei den digitalen Kameras: In der knalligen Mittagssonne im Hochsommer wähle ich einen geringen ISO-Wert und im Theater wähle ich einen höheren, damit ich trotzdem noch mit relativ kurzer Belichtungszeit arbeiten kann und somit alle Darsteller ohne Bewegungsunschärfe abbilden kann.

Trotzdem ist beides nicht das Gleiche: Der ISO-Wert auf analogen Filmen basiert auf der Lichtempfindlichkeit einer Emulsion. Diese Emulsion besteht aus lichtempfindlichen Kristallen. Je lichtempfindlicher der Fotofilm ist, desto größer sind die Kristalle. Man spricht hier von einer "Körnigkeit". Das Foto weist später auch diese Körnigkeit auf, die insbesondere beim Vergrößern des Fotos stark auffällt. Trotzdem wird diese Körnigkeit von vielen Menschen als ästhetisch und schön empfunden.

Anders verhält es sich beim digitalen Sensor: Der digitale Sensor hat bei ISO-100 seine beste Wirkleistung, da er so konzipiert wurde, dass er die gleichen Eigenschaften hinsichtlich der benötigten Lichtmenge und Belichtungszeit aufweisen soll, wie ein analoger Fotofilm mit ISO-100. Er wurde also auf diesen Wert optimiert gebaut. Sobald man an der Kamera einen höheren ISO-Wert einstellt, wird der Sensor jedoch "getuned". Das Licht wird interpoliert - also mathematisch hochgerechnet. Hierbei unterlaufen jedem digitalen Sensor aber Fehler, die in einem Bildrauschen resultieren. Dieses Bildrauschen äußert sich in farblich vom Original abweichenden Störpixeln. Glücklicherweise gibt es mittlerweile sehr gute Sensoren und auch sehr gute Rauschunterdrückungshard- und Software in den Mittelklassekameras, die das Bildrauschen sehr gut minimieren können. Trotzdem ist bei einer bestimmten ISO-Zahl das Limit erreicht, weshalb diese Fehlpixel auftreten.

Befragt man nun Betrachter dieser digitalen Fotos nach dem Bildrauschen, wird dieses als sehr störend und unschön empfunden, weshalb eine hohe ISO-Zahl bei Analogfilm und bei einem digitalen Sensor technisch als auch beim Vergleich der Ergebnisse nicht miteinander vergleichbar ist.

FAZIT: Merke - ISO analog und ISO digital heißen zwar identisch, sind es aber deshalb noch lange nicht!




8. "Eine gute Kamera ist wichtiger als ein gutes Objektiv"

falsch

Ob Sie es glauben wollen, oder nicht: Eine Kamera ist zwar nicht unwichtig, aber ein gutes Objektiv ist wichtiger! Denn erst dank einer ausgezeichneten Optik können die Fotos scharf und ohne Verzeichnungen abgebildet werden. Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Lichtstärke: Sie bestimmt, wie viel Umgebungslicht notwendig ist, um ein Foto mit kurzer Belichtungszeit und niedrigem ISO-Wert machen zu können. Gerade Optiken mit Brennweiten jenseits der 300mm haben hier oft zu kämpfen, da sie viele Linsengruppen beherbergen, die alle Licht schlucken. Diese Teleobjektive sind deshalb sehr teuer, wenn sie sehr lichtstark sein müssen. Gerade im Bereich Journalistik sind solche Optiken allerdings unentbehrlich, denn sie müssen auch in dunkleren Pressekonferenzsälen und aus weiter Entfernung noch Fotos machen können, ohne das das Motiv verwackelt. Aber auch die Verzeichnungsfreiheit ist ein wichtiger Punkt: Alle Objektive haben ein Abbildungsoptimum: Sie bilden also in einem bestimmten Linsenbereich optimal ab. Bei maximaler Lichtleistung - also mit größtmöglicher Blende - ist dieses Abbildungsoptimum also in der Regel nicht mehr gegeben. Nur wahnsinnig teure Objektive für z.B. die Raumfahrt oder die Astronomie sind so gut berechnet, dass sie auch bei maximaler Lichtausbeute eine sehr genaue Abbildungsleistung bieten.

FAZIT: Eine gute Kamera ist wichtig, viel wichtiger ist ein gutes Objektiv!




9. "Lieber ein Zoomobjektiv, statt vieler Festbrennweiten"

falsch

So ein Zoomobjektiv ist schon praktisch - egal was man fotografieren will, man findet quasi immer die richtige Brennweite. Ob Nah, ob Fern - mit dem Zoomobjektiv alles kein Problem! Nahe Objekte kriegt man formatfüllend auf das Foto und ferne Objektive holt man sich ran. Ach, das Leben ist so schön mit Zoomobjektiven.

Denkste! Diese "Immer-dran-Objektive" mögen ja bequem und leicht sein - schließlich entfällt auch das lästige Wechseln der Optiken, aber hinsichtlich der Bildqualität und der Abbildungsleistung lassen die meisten doch arg zu wünschen übrig. Die Lichtstärke ist außerdem ein großes Problem dieser Linsenmonster. Dann lieber in eine Sammlung von Festbrennweiten investieren. Als kleiner Geheimtipp: selbst analoge Festbrennweiten können mithilfe von Adaptern oft noch an den digitalen Kameras verwendet werden und ob Sie mir nun glauben wollen, oder nicht: die sind trotzdem noch besser als ein günstiges Zoomobjektiv. Wenn schon ein Immerdran, dann sollte man hier ruhig tiefer in die Tasche greifen - gute Zoomobjektive kosten gerne mal soviel wie 3 sehr gute Festbrennweiten - ob es sich dann noch lohnt, muss man selber entscheiden.

FAZIT: Hier zählt Qualität UND Quantität ODER der Preis.




10. "Man muss viel wissen, um (gute) Fotos machen zu können"

falsch

Vergessen Sie alles, was Sie bis hier gelesen haben, streichen Sie es aus Ihrem Kopf. Machen Sie sich frei. Gute Fotos sind nicht immer ein Resultat von viel Fachwissen. Es gibt auch berühmte Schnappschüsse. Außerdem: Brechen Sie die Konformitäten, probieren Sie alles aus, vielleicht erfinden Sie ja einen neuen Stil?!

Als die Lomographie Mitte der 90er nach Deutschland schwappte, wurde sie absoluter Kult. Lomographie - das waren bewusst gemachte Schnappschüsse aus der Hüfte heraus mit Billigstkameras angefertigt. Das ganze wurde zu einer Kunst- und Kulturszene und zum Kult. Also bekommen Sie keine Angst vor der Fotografie, egal ob vor oder hinter der Kamera. Legen Sie drauf los und machen Sie Ihre ganz eigenen Erfahrungen.

Wenn Sie mit dem zufrieden sind, was Sie können und was Sie aus Ihrer "Knipse" herausholen, dann ist das das Einzige, was wirklich zählt. Wenn Sie allerdings mehr wollen, dann lernen Sie die Regeln und versuchen Sie sie dann zu brechen. Das kann eine ganze Menge Spaß machen, denn dann wissen Sie auch, was Sie dort für Regeln brechen und vor Allem:

Warum Sie sie brechen.

FAZIT: Machen Sie Fotos und haben Sie einfach Spaß daran!



-Poli Moutevelidis
http://www.moutevelidis.com